Die beiden armen Teufel tun mir wirklich leid. Sie schufteten, rackerten, liessen sich nie unterkriegen und landen endlich ihren Big Hit. Und dann werden sie bestraft. Der eine mit 75'000 und der andere mit 50'000 USD. In der National Football League wurde am Wochenende eine Riesendiskussion losgetreten. Ausschlaggebend waren zahlreiche Verletzungen, herbei geführt durch die Big Hits. Das sind Attacken der Verteidiger gegen die angreifenden Spieler. Diese Spieler sind darauf trainiert, einen Angreifer auszuknocken. Der eine, James Harrison, der am Weekend so einen Hit landete, meinte: „I m playing Football for big hits, I m payed for making big hits, I wanna knockout this guy, I don t wanna hurt him. He should come back on the field next weekend, but not back on the same game! That’s my job!“ Und tatsächlich werden die Spieler frenetisch gefeiert, wenn sie einen harten Hit anbringen können.
In dieser noch kurzen Saison sind mittlerweile 38 Spieler ernsthaft durch Big Hits verletzt worden und die NFL beschloss, vor allem Helm auf Helm Attacken rigoros zu ahnden. Viele können diese Aenderung nicht verstehen. Tatsächlich gibt es verschiedene Gesichtspunkte. Ein Receiver muss dorthin spurten, wo eine Lücke in der Verteidigung ist und der Quarterback muss ihn dorthin führen und den Pass in die freie Zone anbringen. Rennt man in die verteidigte Zone, dann passieren die Big Hits. Und schliesslich sind das wahre Athleten und die Hits gehören zum Football.
Unter all diesen mehr oder weniger lang in der Football League spielenden Gladiatoren gibt es einen Wahnsinnigen. Brett Favre, Quarterback der Minnesota Vikings. Der ist 41 Jahre alt und hat seit 1992 jedes Footballgame gespielt. Von 1992 – 2008 war er für die Green Bay Packers (eine Superbowl) tätig, 2008 bei den New York Jets und seit 2009 bei den Minnesota Vikings. Er ist der einzige Quarterback, der gegen alle 32 Mannschaften mindestens einmal gewonnen hat (es gibt keine Auf- oder Abstiege in dieser Liga). Gegen die New York Jets schloss er seinen 500. Touchdownpass ab. Zum Vergleich, der 2. Beste in dieser Rangliste ist bei 420 und der 3. Beste bei 377! Leider führt er auch in der Interception-Pass Rangliste (312, Pässe, durch die der Gegner den Ball erhält). Trotzdem, einer der ganz grossen Spieler der NFL. Sein Wurf zur Nummer 500, eine Augenweide!
Leider ist er im Moment mit einer nicht so tollen Sache in den Schlagzeilen, gerüchteweise soll er einer Angestellten der New York Jets MMS von seinem besten Stück gesendet haben, was diese und schon gar nicht die NFL-Oberen goutierten. Ja, ein dirty old Man in einem faszinierendem Spiel!
Und ich sitze vis-à-vis meiner bezaubernden Frau und überlege, ob ich ihr ein solches MMS wieder mal senden soll. Sabina und ich sind jetzt seit über 6 Monaten 24 Stunden am Tag zusammen. Um es vorweg zu nehmen: Die Quantität senkt es gewaltig. Und jetzt ist wieder so ein Augenblick, in dem ich mich frage, wie ich das ändern kann. Das T-Shirt hochziehen, das hat sie mir nicht erst in den letzten 6 Monaten gesagt, löst in ihr nicht mehr die gleichen Gefühle aus, wie wenn es der Typ aus der Cola-Light-Werbung tut. Ich meine, ganz am Anfang unserer Liebe, als ich mit wilden Blattern auf ihrem Bett in ihrer Wohnung lag, da meinte sie, dass ich trotz den vielen Krusten einen schönen Körper hätte und kniete sich tatsächlich hin und verschaffte mir Erleichterung und als dann die Essigsocken das Fieber gesenkt hatten, gab’s erst noch einen dicken Kuss.
Ja, was hat sich in all den Jahren verändert? Mein Blick geht nach links, da passierte nichts, die dreckige Wäsche liegt immer noch in der Ecke. Er schweift nach rechts, da liegt, an prominenter Stelle auf dem HP-Drucker, dieses Ding, das auf Knopfdruck zu vibrieren anfängt. Mein Blutdruckmessgerät mit seinem sexy Gummikabel und der antörnenden Manschette. Links, genau auf Kopfhöhe von Sabi, hab’ ich auf der kleinen Kommode meine Armada an Tabletten platziert. Aber nur die, die ich momentan nehmen muss. Die einen gegen den Schmerz und die anderen gegen die Schwellung am Fuss.
Wie war das noch in unseren Anfangsjahren? Als ich vor Kraft strotzend Kranke als reine Erfindung von Aerzten und Pillenschlucker als Opfer der Werber von der Industrie am Rheinknie abtat? Wenn sie heute unseren gemeinsamen Spiegelschrank aufmacht, dann liegen da noch die Tabletten, die ich immer nehmen muss. Selbstverständlich dürfen meine Linsen nicht fehlen, ohne die würde ich nicht mal Sabinas Brüste von denen Dolly Busters unterscheiden können. Ganz zu schweigen von der Hämorrhoiden-Salbe, immerhin liegt die unleserlich auf dem Rücken.
Ja, diesen hocherotischen Spannungsbogen könnte ich nur noch steigern, wenn ich meine Hände um ihren Hals legen und mit den Daumen sanft die Haut etwas nach hinten ziehend, eine Diskussion vom Zaun reissen würde, ob wir nicht auf die vor Jahren gefällte Entscheidung, nie an uns rum zu schnippseln, zurückkommen sollten. Ganz nebenbei könnte ich auch noch Botox in den Lippen als Wunderwaffe der Chemie gegen kleine, technische Schwächen der Frauen preisen. Nach all diesen Gedanken beginne ich selber zu zweifeln. Vielleicht sind meine langgezogenen Bäuerchen, die ich als Auflehnung gegen die Heuchelei der vorherrschenden Elite witzig verteidige, gar nicht so erheiternd. Und wenn ich mich auf eine Hinterbacke setze und das Geräusch mit den Worten begleite, dass entlassene Blähungen keiner Sozialbehörde etwas abverlangen, dann ist das wohl nur oberwitzig absurd.
Ich verzichte heute freiwillig auf jegliche Anmache. Als ich am nächsten Morgen auf dem Wannenrändchen meine Zehennägel schneide und mit scharfer Klinge das darunter liegende Weiss rauskratze, ist mein Blutdruckgerät schon längstens im Schuhkasten verschwunden. Die Tabletten habe ich in einem Säckchen verstaut, gleich neben den Linsen, in einem nur mir gehörenden Kästchen. Wenn ich in ferner Zukunft dritte Zähne mein Eigen nenne, werde ich weder meine Zungenfertigkeit mit einer 360 Grad Drehung des Gebisses ausserhalb meines Mundes beweisen, noch wird sie dieses Ding jemals in einem Glas neben dem Lavabo zu sehen bekommen.
Geläutert, frisch geduscht, gepflegt und gehegt, trete ich aus dem Wohnwagen ins gleissende Morgenlicht, der Dinge harrend, die da kommen. Und sollte ich in den nächsten Tagen keinen Erfolg haben, bleibt mir immer noch der Big Hit...
Allerdings wird der Big Hit noch etwas warten müssen, musste ich Sabina doch am vorletzten Sonntag ins Spital fahren. Nach zwei schlaflosen Nächten wegen einer Schulterverletzung liessen wir die Knochen röntgen. 2 Stunden Warten, 10 Minuten Betreuung und ein nie gesehenes Röntgenbild kosteten schlappe 750 USD! Dafür war die Diagnose viel versprechend, wahrscheinlich sei nichts gebrochen. Ich lernte am Montag Robert kennen, den Hausarzt von South Padre Island. Mein Fuss war wieder mal geschwollen, wohl eine Nachwirkung nachdem ich aufbrandende Gefühle für hochgeschlagene Mantelkragen, durch Mark und Bein gehende Kälte und späte Diskussionen mit Freunden in einer verrauchten Bar mit literweise Bier unter den Tisch gesoffen habe.
Wir beide erholten uns aber rasch und lernten im Gym Gael Bouchenafa kennen. Ein Kite-Surf Professional, der seit 8 Jahren in der Dominikanischen lebt und wegen der dortigen Regenzeit South Padre Island als Trainingscenter nützt. Ein Angefressener seines Sports, der hier am Strand in einem kleinen Toyota Tercel nächtigt. Er gab uns eine Einführung in die Geheimnisse der Schirmbeherrschung. Nachdem ich schon keinen einzigen Crash zu beklagen hatte, staunten wir beide ob Sabinas Lenkkünsten. Ihr hat es so gut gefallen, dass wir noch eine oder zwei Wochen hier bleiben, um diese Sportart zu erlernen.
South Padre Island gefällt uns. Schönes Wetter, warmes Wasser, coole Leute und wenig Besucher. Allerdings versicherte uns ein älterer Gym-Gänger, dass die Wirtschaft in Amerika schuld daran habe. Noch nicht allzu lange her, seien die Winter hier noch ausgebucht gewesen. Ein starkes Indiz für schlechte Zeiten. Die Demokraten werden es bei den nächsten Wahlen schwer haben.
Ende der Hauptstrasse von South Padre Island, dann kommt 200 Meilen nur noch Sand