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14. August 2010

Von kosmischen Aschenbechern, Sternschnuppen und CNN - immer noch im GSCENM

In der Nähe des Cosmic Ashtrays

Cosmic Ashtray, was für ein Name. Frank von der Jeepvermietung in Escalante erzählte uns von diesem seltsamen Felsen mitten in der Wüste des Grand Staircase Escalante National Monuments. Von da an liess er uns keine Ruhe mehr. Im Internet fand ich gerade mal 3 Bilder. Marsha, John und Pat vom KOA, alles passionierte Hiker, hatten noch nie etwas von diesem Ort gehört. Die Entscheidung war längst gefallen. Nochmals einen Tag den Jeep mieten, mit den Koordinaten aus dem Internet den Weg finden und sich gut vorbereiten.   Link zu Cosmic Ashtray im Web

Um zum Cosmic Ashtray zu gelangen, muss man von Escalante auf der 12 Richtung Torrey fahren. Nach ca. 12 Meilen rechts abbiegen und auf der Old Sheffield Road, einer dirt Road, weitere 12 Meilen landeinwärts kurven. Bei der einzigen Gabelung führt der rechte Ast ins Niemandsland. Am Ende des Weges zeigt das GPS 6 Meilen Distanz. Allerdings versperrt eine ca. 300 Meter hohe Bergwand den direkten Weg. Der linke Ast ist ab der Verzweigung für Motorvehikel gesperrt, das GPS zeigt 5 Meilen Distanz, ohne sichtbares Hindernis. 

Eine vernünftige Karte konnten wir nicht auftreiben. Aber etwas Abenteuer würde unserer Reise gut tun. Am Dienstag war es soweit. Mit Kompass, Garmin, Trinken und Essen machten wir uns auf den Weg. Die ersten 3 Meilen waren ziemlich eintönig. Die Sonne brannte vom Himmel, ein frischer Wind kühlte dafür unsere schweissnasse Haut. Das Land schien flach zu sein. Plötzlich sahen wir ihn. Zwar weit entfernt, aber deutlich. Ein riesengrosser Felsen, markant geschnitten, wie kein Zweiter in der Gegend.

Ab diesem Zeitpunkt hatten wir das grosse Ziel vor Augen. Der Feldweg existierte nicht mehr. Wir nahmen den direkten, aber welligen Weg. Mal über Sanddünen, mal über Steppe oder mal über Felsbänder stiegen wir stetig bergab. Die Temperatur musste weit über 30 Grad liegen, es war nach Mittag. Ich war schon langsam müde und etwas überhitzt. Nach scheinbar endlosem Laufen durch die karge Gegend standen wir auf Fels, kaum einen Kilometer von ihm entfernt.

Wie Bilder täuschen können. Er sah noch mächtiger aus. Und fremdartiger. Schritt für Schritt ging es steil den Felsen hoch. Vielleicht noch hundert Meter und wir würden diesen gelben Kranz im Boden sehen. Aber das gab es doch nicht. Das war gar nicht der Cosmic Ashtray. Das war ein namenloser Nachahmer. Von jetzt an "Cheating Rock"!

Nicht nur innerlich sackte ich enttäuscht zusammen. 3 Stunden in flirrender Luft durch Hitze laufen und den falschen Felsen vor Augen sehen. Das wünsche ich ganz wenigen, die ich kenne. Auf dem steinigen Abhang drehte ich mich um. In weiter Ferne, stolz und unerreichbar sah ich ihn.
 
Wir Idioten. Anstatt dem GPS zu folgen, trauten wir unseren Augen. Das GPS wies seit einiger Zeit einen gleichbleibenden Abstand zu unserem Ziel aus...!

Den Weg dahin würden wir nie schaffen. Luftlinie 4 Meilen. Und die Gegend sah nicht mal von oben flach aus. Meine ganze Energie war weg. Ich hatte heiss, schwitzte aber kaum noch. Das Wasser ging uns langsam aus. Den Abhang entlang schleppten wir uns ins seine Richtung. Ich war kaputt. Etwas weiter unten sahen wir einen kleinen Wassertümpel. Ich wollte nur noch meine Füsse kühlen. Sabina ging es etwas besser. Sie liebt es heiss.

Der Tümpel erwies sich als trichterartiger Pool. Fällt man hinein, kommt man kaum mehr raus. Die Wände sind glitschig. Und es wimmelte von kaulquappen-artigen Tierchen und das mitten in der Wüste. Dafür war das Wasser schön kühl. Fast eine Stunde ruhten wir uns aus und sammelten unsere Kräfte. Der Rückweg würde wellig bergauf führen. Wir hatten noch 3 Liter Wasser. Die genaue Richtung Jeep war schwer zu sehen. Das GPS fiel auf "low battery".

Unsere Befürchtungen waren nicht übertrieben. Der Weg war wieder mühsam, mal sandig, dann steinig, dann rutschig. Die Sonne kannte kein Erbarmen, der Wind verzog sich. Mit einem Mal wurde mir bewusst, dass wir uns in einer bedrohlichen Situation befanden. Nach dieser Erkenntnis möchte man zu rennen beginnen. So weit konnte es doch nicht mehr sein. Aber ich war überhitzt und Sabina nur noch still. Die Uebersicht über das Gelände hatten wir verloren. Es sah alles gleich aus.

Unsere Rucksackriemen waren weiss vom salzigen Schweiss. Die Fotoapparate plötzlich schwer und unnütz. Wir zwangen uns zu Pausen im Schatten der wenigen Sträucher. Ich musste unser kostbares Nass in den Nacken giessen, sonst hätte ich einen Hitzeschlag erlitten. Sabina nahm's stoisch hin.

Alles war verschwitzt, die Füsse glühten, die Luft flimmerte in der Hitze des späten Nachmittages. Nicht mal die Tiere mochten Laute von sich geben. Es war totenstill. Kein Lüftchen wehte. Der Rucksack schwer, als wäre er mit Steinen gefüllt und die Riemen schnitten bei jedem Schritt ein. Schritte, die schon lange auf nichts mehr achteten. Weder auf Schlangen, Löcher noch auf schneidende Gräser.

Und zu allem Uebel noch diese verdammte gelbe Biene, die mich seit einiger Zeit verfolgte. Utah, der Beehive State, der Bienenkorb-Staat. War das nicht in Utah passiert? Die beiden Touristen, die von Killerbienen zu Tode gespritzt wurden? Der Durst und meine innere Hitze wurden unerträglich. Immer wieder griffen wir zur Wasserflasche, obwohl wir noch nicht einmal den Feldweg, der uns zum Jeep zurückführen würde, gefunden hatten.

Nur diesen Weg finden, dann würde alles gut. Die restlichen 3 Meilen würden wir sicher noch schaffen. Es konnte doch einfach nicht sein, dass wir frohen Mutes am Morgen gestartet waren und am Nachmittag auf der Liste standen. Ich etwas weiter oben als Sabina. Das war nicht mehr lustig, das war todernst. 

Das GPS sagte uns, dass wir den Weg gekreuzt haben mussten. Dann gab es den Geist auf. Lange würde es nicht mehr gehen und dasselbe würde mir blühen. Stecker raus, fertig, Ende. Aber wir sprachen uns Mut zu. Wir nahmen den letzten Schluck Wasser. Da sahen wir sie, unsere Fussspuren auf dem kaum zu erkennenden Pfad. Nur noch 3 Meilen.
 
Im Auto hatten wir noch einen Rest an Wasser. Aber so kaputt war ich schon lange nicht mehr. Wie viele Kilometer wir gemacht haben? Keine Ahnung, aber sicher einige zu viel.

Am eigenen Leibe mussten wir erfahren, dass die Warnungen der Locals nicht ernst genug zu nehmen sind. Etwas zu wenig Wasser, etwas zu wenig Vorbereitung, etwas zu ungenaue Karten, etwas Ueberschätzung. Man muss nicht mal einen grösseren Fehler machen. Von allem etwas führt in die Katastrophe. Diesen Sommer ist im Grand Canyon eine Sportlerin an Austrocknung gestorben. Sie verpasste eine Abzweigung und verlief sich. Ihr Hobby war der Marathonlauf.

Auf den letzten Termin gaben wir den Jeep zurück und Sabina fuhr mit unserem Avalanche vom Vorplatz weg. Ein Geräusch wie ein Steinschlag und der Motor heulte auf. Keine Kraft mehr auf Drive und im 3. Gang. Nicht auch das noch. Frank und Tim von der Vermietung halfen uns mit einem Jeep Laredo aus. 250 USD den Tag! Franks Cousin fuhr den Avalanche am folgenden Morgen in die nächste Chevrolet Garage. Nach Cedar City, 130 Meilen Weg. Zu 4 USD die Meile. Die Versicherung für's Abschleppen haben wir verpennt.

Das Getriebe muss ersetzt werden, was unseren Aufenthalt in Cannonville um eine satte Woche verlängert! Aber, hätte das Getriebe ein paar Meilen später seinen Betrieb aufgegeben, wären wir ganz ohne Wasser mitten auf der Strecke stecken geblieben und hätten nur noch auf fremde Hilfe zählen können. Von Escalante zur nächsten Ortschaft sind es ca. 25 Meilen. Trotz unseres Nachmittags hielten wir es nicht für nötig, Wasser nach zu füllen. Seither nehmen wir sogar nach Tropic, 7 Meilen vom Campground entfernt, das kostbare Nass mit!

Nicht ganz so dramatische, dafür nicht weniger spektakuläre Stunden bescherte uns Gene, ein älterer Mitarbeiter des Campgrounds, der mit seiner Frau Kay auf dem Campground wohnt. Er machte uns darauf aufmerksam, dass in der Nacht vom 12. August der Peak der Perseid Showers erreicht werde. Warum mal nicht in dunkler Nacht den Himmel fotografieren? Meine neue Canon sollte das spielend schaffen. Sabina wollte Richtung Kodachrome Basin. Die ersten Fotos zeigten anstatt eine leuchtende Milchstrasse nur dunkle Nacht. Wir veränderten ein paar Einstellungen und siehe da. Ein Sternenmeer!

Wir würden wohl ein paar Dutzend Fotos schiessen, wenigstens nicht gerade hunderte wie sonst, da 30 Sekunden Belichtung die Session in die Länge ziehen würde. Die Kamera lag auf einem Badetuch auf dem Dach unseres gemieteten Jeeps. Schon bei der zweiten Foto mit den richtigen Einstellungen schoss ein Meteor über unsere Köpfe. "Den haben wir, glaube ich, ganz gut erwischt." Nach 2 Stunden fuhren wir heim. Die Zweite war uns wirklich geglückt. Wir stellten das Foto auf CNN iReport. Schon kurz danach wurde das Bild kommentiert, geshared, auf Facebook empfohlen und wie wild angeklickt.

     Link zu CNN iReport (die mittlere Foto)

Am nächsten Tag fuhren wir nach Cedar City um einen viel billigeren Wagen zu mieten. Beim Auftanken am Nachmittag sahen wir eine Nachricht auf meiner Combox. Georgia, Atlanta. "Hey, das ist sicher CNN:-)." Aber das war kein Scherz. Da war tatsächlich eine Reporterin von CNN, die ein Interview mit mir führen wollte. Wir waren aber extrem in Zeitdruck, weil wir den Jeep Laredo zurück nach Escalante fahren mussten. Und da sie versprach, eine E-mail zu senden, wollte ich die am Abend beantworten. So fuhren wir die 3 Stunden nach Escalante zurück, Sabina im Jeep, ich im neu gemieteten PT Cruiser, dessen Kosten GM übernehmen wird.

Unterwegs malte ich mir schon mal aus, was ich in David Lettermans Show anziehen, was ich sagen und wen ich grüssen würde. Um Autogramm-Karten, eine nette Agentin und meine Liegenschaften würde ich mich später noch kümmern können. Spät um 9 schrieb ich auf das E-mail zurück. Weil aber der Hype um den perseidschen Regen in Amerika stark nachgelassen hat und das Thema eigentlich vorbei ist, werde ich wohl nie mehr eine Antwort erhalten.

So habe ich meine mir zustehenden 15 Minuten Ruhm wohl zunichte gemacht und werde weiterhin in der Unendlichkeit der kosmischen Aschenbecher mein bescheidenes fotografisches Dasein fristen... 

Zurück bleibt ein Eintrag bei CNN, ein Anruf und ein E-Mail von einer Reporterin und ein wunderschönes Foto!

Cosmic Ashtray, Perseid Showers, CNN
19. Juli 2010 - 18. August 2010

Rechts von Bildmitte, der Cosmic Ashtray.
Noch nicht ganz da, aber wohl bald.
die Gegend ist wunderschön
bald fühlten wir uns wie auf einem anderen Planeten
Schreck lass nach, das war nicht der Cosmic Ashtray, aber verdammt ähnlich
linkes Bilddrittel am Horizont, der Cosmic Ashtray
da sollten wir eigentlich sein
ich war noch nie so froh einen Wassertümpel zu sehen
ohne diese Kühlung hätte ich den Hike kaum überlebt
der lange Weg zurück, irgendwo am Horizont war unser Jeep
das war kein Spass mehr
die Sonne brannte unerbärmlich auf uns nieder
einfach nur noch heiss
das hätte bös ausgehen können!

Perseid Showers, Kodachrome Basin Statepark, Utah
13. August 2010

Leider sind nicht nur meine Fotos nur vermeintlich Aufnahmen mit Meteoren, sondern banal Flugzeuge.
Sabina schützte uns mit einem Baseballschläger: Don't mess with Sabina!
Der Killerschuss! Meteor der Perseid Showers vor unserer Milchstrasse... immer noch bei CNN gespeichert.

so long guys