27. August 2010

Salt Lake City - An All-American Town

Parlamentsgebäude von Utah in Salt Lake City

"Like family!" Mit diesen Worten herzte uns Marsha vom KOA Cannonville beim Abschied. Kein Wunder, den Rekord von ganzen vier Wochen auf diesem Campground wird nicht so schnell gebrochen werden. John, ihrem Mann, hatten wir am Abend vorher ein Foto überreicht, das jetzt gerahmt auf der Theke im Office steht. Pat, der nudistische Harley Fahrer, bekam ein Sackmesser von der SMT Basel. Auch wir erhielten von den Dreien ein Abschiedsgeschenk. Alle waren gerührt. 

Endlich ging es weiter. Hinauf auf das Paunsaugunt Plateau und weiter durch den Red Rock Canyon über Panguitch und die 20 nach Fillmore. 


Wir verliessen eine Gegend, die an Naturwundern kaum zu überbieten ist. Eine Gegend in der Country-Music dazugehört. Der Song „our houses are protected by the good Lord and a gun and you might meet 'em both if you show up here not welcome son“ passt ganz gut. Wie ernst die Warnung zu nehmen ist? Wegen den Einschusslöchern in den Ortstafeln und den Hülsen, die wir überall gefunden haben, würde ich nachts nicht um fremde Häuser streichen, aber wer tut das schon? 


Kurz vor dem Ziel baute sich hinter uns eine riesige schwarze Wand auf. Wir hatten gerade noch Zeit, uns anzumelden und auf den Platz zu fahren, da erfasste uns die Front mit Blitzen, Windböen, Hagel und Gewitterschauern. Regen, der im 150 Meilen entfernten Salt Lake City den Jahrhundert-Rekord an Menge in 15 Minuten brach. Der Rekord für 19 Minuten blieb wohl bestehen, sonst hätten sie das sicher mitgeteilt. Die Dusche schenkten wir uns. 


Es waren etwas gar wenig Wagen auf dem Campground und das in Fillmore, einst Hauptstadt von Utah und einem „historic heart“. Wir suchten das Gespräch mit Ann, der älteren Inhaberin des KOAs. Ich stufte sie als Mormonenschwester ein und wäre nicht überrascht gewesen, wenn sie uns zum Gebet aufgefordert hätte. Sie entpuppte sich als weltgewandte, gebürtige Engländerin mit schwarzem Humor und herrlichen Seitenhieben gegen die Kirche im Lande. Sie und ihr Mann würden nächstes Jahr in Pension gehen und für schlappe USD 700'000 wäre der KOA unser. Kurz vor der Unterschrift wollten wir uns aber Fillmore doch noch genauer ansehen. 


Das „historic heart“ bestand aus dem Regierungsgebäude der vergangenen Tage, natürlich an der breiten Hauptstrasse gelegen, die von zerfallenen Häusern und einzelnen, noch nicht geschlossenen Geschäften gesäumt wurde. Ich meine, ich hätte auf der Main Street mehr Hunde als Einwohner gezählt. Nur wenige in Schuss gehaltene Häuser und zwei Ableger von Einkaufsketten trotzen dem Zerfall. Das riesige Best Western mit eigenem Golfplatz und Indoor-Pool am Ausgang der Stadt hat den Kampf wohl aufgegeben. Die Einrichtung, das Essen und die Bedienung lassen keinen anderen Schluss zu. 


Froh, nur eine Nacht gebucht zu haben, wetteiferten wir am nächsten Morgen wieder mit einem nahenden Gewitter. Nichts wie weiter auf der Interstate Richtung Salt Lake City. 


Längst fuhren wir in dichtem Schwerverkehr durch Wohn- und Industriegebiete. Gebiete, die sich links und rechts der Interstate ausweiten und den unausweichlichen Fortschritt von Utah belegen. Rundherum drohende Wolken und heftige Winde. In Sekundenschnelle verfärbte sich der Himmel gelb. Der ganze Verkehr stockte. Verkehrs- und Warnschilder wurden durch die Luft geschleudert und vor unseren Augen zog eine mächtige Windhose über die Interstate, liess die riesigen Laster schwanken und fegte weiter durch die Industriequartiere. Im Schritttempo nahmen wir die nächste Ausfahrt und warteten hinter einem leeren Einkaufscenter 2 Stunden auf das Ende der Gefahr. 


Sicher in Salt Lake City angekommen, fegten aber die folgenden 24 Stunden mehrere Gewitter über den Campground, liessen Aeste brechen und schüttelten unserem Travel Trailer gelegentlich kräftig durch. Aber alles geht vorüber und die letzten Tage trübte kein Wölkchen den Himmel. 


Salt Lake City, die Hauptstadt der Mormonen. Nach fast 3 Monaten wieder in der Zivilisation. Eine Stadt mit einer richtigen Skyline! Mit Downtown, Einkaufszentren, Restaurants und Strassen, die in neue Quartiere führen und nicht nach einer halben Meile in unpaved Roads übergehen. Mit einer State Street, an der Meile um Meile die Läden dieser Welt liegen. Eine Strasse an der die Starbucks und Walmarts, die Autohändler, die verkommenen Bars und Tattoo-Schuppen, die Asiaten, Mexikaner, Amerikaner und Gottlose mit farbigen Tafeln und blinkenden Lämpchen um Kunden buhlen. 


Eine Strasse auf der die Gestrandeten und die Gutbetuchten, die fahrenden Händler und die Touristen ihr Schnäppchen des Tages machen wollen. Eine Strasse an der die Neueröffnungen den Konkursgehenden die Show streitig machen. In der die Kredithaie in baufälligen Häusern, dreckigen Büros auf fleckigen Schreibtischen mit schwulstigen Fingern den Blanken dieser Stadt ihre Bucks zu gutem Zins auf den Tisch blättern. Den Geduckten, die das Geld brauchen, um ihre Rate für das schöne Häuschen zu begleichen. Und mit vollen Taschen nehmen sie gegenüber bei Juanita noch ein Bier, vielleicht auch zwei und wenn’s zu Hause nicht stimmt, auch drei. Wenn sie nicht mehr zahlen können, kommt der Kredithai, der vorher seine satten Profite den sauberen Kragen in den Glashäusern in Downtown überwiesen hat. 


Die in den Glashäusern verschieben das eingebrachte Geld ihren Kollegen, die es gewinnbringend an den Börsen dieser Welt in neue Kredite investieren. Und nach einem besonders guten Tag gehen die sauberen Kragen mit Juanita nach nebenan, um erst viel später unter ihre eigenen Bettlacken zu schlüpfen. Die Kredithaie fahren zu früher Stunde mit Juanita heim, bringen ihre Bälger in die Schule und nehmen sich eine Mütze Schlaf. In diesem immer währenden Turnus kommen Neue dazu und manchmal einer nie wieder. Kurz, eine Strasse des Lebens. 


Salt Lake City, eine Stadt mit warmherzigen Menschen, an einem See gelegen, der 78 Meilen lang, 24 Meilen breit ist und an der tiefsten Stelle 9 Meter misst. Eine Stadt von Autobahnen durchzogen, mit Industriequartieren, in der gebaut, geschraubt, gebohrt, geschürft, verfrachtet, gehämmert und diskutiert, gehandelt, gestritten und gelacht wird. Mit Lagerhäusern, Fabrikhallen, Verteilzentren, rauchenden Kaminen, Hochöfen und Stromleitungen, von denen man nicht weiss, ob sie am Verfallen oder im Aufbau sind. Quartiere, über denen die landenden Flugzeuge dem Lärmpegel die letzten Dezibels  geben. Eine Stadt, wo verwahrloste und beschützte Wohnquartiere auf wenigen Metern in einander übergehen und in der man an jeder Tankstelle und in jedem Shop Bier und Zigaretten erhält. 


Die Mormonenstadt, in deren nächster Nähe die besten Skigebiete liegen, hohe Berge und fast unendliche Flächen sich Tag und Nacht sagen. Und dem Great Salt Lake, der kaum von Schiffen befahren wird und in dem eine Insel liegt, die Antelope Island heisst, auf der die Bisons einem die Strasse versperren und die Sonne ein Abendrot fabriziert, die Maler nicht schöner malen könnten. In deren Ruhe sich Koyoten mit schwarzen Vögeln um das Aas streiten, sich Vögel zu Tausenden sammeln und bei Anbruch der Dunkelheit über den künstlichen Damm in Schwärmen die Myriaden von Mücken als Nachtessen verspeisen. 


Das Getriebe von unserem Avalanche wurde ohne Kosten für uns ersetzt. Und so erkunden wir mit ihm die Gegend und werden in SLC wieder mal einige Tage mehr als geplant an einem Ort verbringen, auch weil mein Fuss wieder anschwoll und die Sache sich wohl als Gichtschub erweisen wird. Mein neuer Arzt verschrieb mir nicht nur Tabletten und veranlasste eine Blutuntersuchung, nein, er empfahl uns auch einige herrliche Hikes in der Gegend! Der hat keine Ahnung, wie schmerzhaft Gicht im Fuss ist!


Die Visumsverlängerung konnte nicht vor Ort erledigt werden. Trotz Hilfe des Security Officers, einem Bosnier, beschied uns der Immigration Officer, dass wir unsere Unterlagen nach LA senden müssen. Wir hoffen, dass wir vor Ablauf unseres Visums eine Antwort erhalten. 


Und auf dem KOA Campground zählen wir wieder zu den Armen. Da fahren Busse ein, die einen Range Rover als Anhängsel hinter sich herziehen oder Harley und Kleinwagen im Anhänger versorgen. Aber Sabina und ich ergänzen uns auch hier wieder bestens. Wir haben Zeit um Wäsche zu waschen und den Avalanche auf Vordermann zu bringen. In der Waschstrasse seift sie ihn gerne ein und ich spritze gerne ab... 


Aber wie sang schon 1984 John Cougar Mellencamp... „Ain’t that America“?

wie wenn die Kühe auch traurig wären, wir verlassen Cannonville nach 4 Wochen Campground
Fillmore, einst Hauptstadt, heute auf dem Weg zur Ghost-Town
der klaut wohl die letzten funktionierenden Glühbirnen, im Avalon tut sich nichts mehr
humorvolle Mormonen
schöne Aussicht auf Salt Lake City
Sonnenuntergang, Church Hill Drive

linke Bildmitte hoch, hell erleuchtet, die State Street
State Street, Strasse des Lebens
farbig wie Las Vegas, wer hätte das gedacht?
Leuchtreklamen, fast wie im sündigen Las Vegas
Glashäuser der State Street 
die Mormonen spielen auch Bowling
ein Hauch von Melrose Place LA
mein kopfloser Freund JCPenny
wusste gar nicht, dass die UBS in Utah präsent ist

Antelope Island
was für eine Foto-Safari
stattliche Tiere
550 - 700 Bisons leben auf Antelope Island
der war ziemlich nah, sah aber ganz lieblich aus
man fühlt sich auf einer Safari
Sunset auf Antelope Island
aber Tausende von Vögeln jagen Myriaden von Mücken, Sternschnuppen fotografieren war einfacher...
der Avalanche auf Antelope Island
amerikanische Grössenverhältnisse
immer ein Motiv vor Augen
Sabina, ein schöner Anblick

so long guys


11 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Danke für diesen neuen, kurzweiligen Beitrag und viel Glück für's Visum!
Liebi Grüess
Marinella

Anonym hat gesagt…

Hoi zämä!

Herzlichen Dank für die kurzweiligen Berichte und starken Bilder.

Sabinas Blo – einfach lecker!

„In a world without borders and fences, who needs windows and gates?”

cheers! Karl-Heinz

Anonym hat gesagt…

Kompliment, Guggi....du wirst immer besser. Machen das die Gichtschmerzen aus? :-( Was ich noch wissen möchte.....was esst ihr denn so unterwegs? Geniessbar? Und noch was, wo kann man deine Bilder sehen, die noch besser sind? Geht ja kaum, meine ich. Good luck with your visa....

Anonym hat gesagt…

Hello Guggis, wunderschön und lang lebe John Cougar Mellencamp `- wir gehen in der CH mal wieder sru se monsoon!! Also geniesst es und ergattert Euch die Visaverlängerung,,, (wenn nicht,, es gibt auch in Mittelamerika schöne Plätzchen) Martin

Anonym hat gesagt…

leider keine kurzweiligen Gichtschmerzen, die wohl vom Bier und Essen stammen und ganz gut ohne Windows und Frames auskommen und vielleicht in Mittelamerika ganz auskuriert werden können:-) Gruss Guggi

Anonym hat gesagt…

hola zusammen. also das mit dem gichtschub liest sich ja nicht so prickelnd. *daumendrücke*, dass sich 1. die schmerzen in grenzen halten und 2. ein weiterer schub erst gar nicht auf die doofe idee kommen könnte bei dir eine visa-verlängerung zu beantragen!!! @ sabina... charme-offensive starten für die visas? das wird schon werden! liebe grüsse - andrea

Anonym hat gesagt…

Nur ein Wort zu dem Bericht
S U P E R
Gruss Seemä

Anonym hat gesagt…

Was sind das genau für Tabletten? Bewusstseinserweiterung oder so? Mega hammer Bericht! Gruess Coifför

Anonym hat gesagt…

eieiei, die Röte steigt mir ins Gesicht! Danke für die Komplimente, Guggi

Anonym hat gesagt…

Hi ihr Lieben,
wenn man das so liest, plagt uns auch schon wieder die Reiselust... Obwohl wir gerade ein Wochenende Up North in Michigan und ein Wochenende Chicago hinter uns haben. Man kann einfach nie genug kriegen!
Haben grad versucht, euch anzurufen, leider ohne Erfolg. Wie habt ihr den Labor Day verbracht?
Viele liebe Gruesse,
Jens und Simone

Sabina hat gesagt…

Mitten in Denver, bei einer Riesen Labor-Day-Party - die ganze Stadt war auf den Beinen - da habe ich auch Eure Message auf den phone abgehört - war aber zu laut, um zurück zu rufen. Und ihr? Liebe Grüsse, Sabina