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15. August 2011

Maine und ein dubioser Autokauf in New Jersey

 Anschleichen und durch's Gebüsch schiessen!

Von Cape Cod führte unsere Route über Boston, wenige Meilen durch New Hampshire, an Portland, der grössten Stadt von Maine vorbei, nach Ellsworth, nahe des Acadia National Parks. Lieber hätten wir in Bar Harbor, dem Ausgangspunkt für den Park genächtigt. Zu dieser Jahreszeit ist Maine jedoch ein beliebtes Ziel von Amerikanern und ausländischen Touristen. Die Hotels im National Park waren ausgebucht. Wie in Massachusetts ist auch hier die Saison kurz. Der Höhepunkt wird im Indian Summer erreicht, der bald beginnen wird. Dann färben sich die Laubwälder der nördlichen Staaten und Horden von Fotografen stellen kurze Zeit später ihre wunderschönen Bilder ins Netz.

In Ellsworth wählten wir das Hampton Inn. Modern, sauber und langweilig. Wenn die Saison vorbei sein wird, fällt die Gegend wohl in einen Dornröschenschlaf. Zwar sind die Winter wegen dem Meeresklima recht mild, das Wetter ist aber garstig und stürmisch und feucht.

Wir fuhren bei angenehmen Temperaturen und blauem Himmel die Sehenswürdigkeiten des Parks an. Eine wunderschöne, rauhe Küste wechselt sich mit kleinen Häfen und dichten Wäldern ab. Die Hügel erheben sich sanft in der Landschaft. Trotzdem ist der Cadillac Mountain mit seinen 1530 feet die höchste Erhebung der amerikanischen Atlantikküste, manche sagen bis Rio de Janeiro.

Die Strassenschilder warnen vor Moose (Elche), doch wir haben keinen einzigen gesehen. Und ein Seeadler, der entlang der Küste nach Opfern suchte, wurde für die Bannung auf Zellulid selber ein Opfer einer falschen Kameraeinstellung. Aber der zweite, der am Rande einer Strasse auf der Spitze einer Kiefer oder Tanne hockte, sollte mir nicht entgehen. Ein kleines Grüppchen Fotografen, einer mit einem riesigen Objektiv bewaffnet, starrte von der Strasse aus in Richtung Adler. Ich schlich mich ins Gebüsch, hinter jeder Hecke Deckung suchend, leider mit einer fast vollen CF-Karte in der Kamera. Hektisch löschte ich ein paar Aufnahmen aus dem Speicher und ebenso hektisch schlug ich nach den angreifenden Mücken. Dann hielt ich drauf. Ich habe mittlerweile schon ein paar Vögel fotografiert und weiss, dass man keine Regung deuten kann, um den Abflug zu erwischen. Nicht ein Flügelbauschen, keine Kopfdrehung, weder ein Ruf noch eine Aenderung der Mimik lassen den Zeitpunkt erahnen. Die meisten Vögel fallen scheinbar zufällig nach vorne, um einen Augenblick später die Flügel zu öffnen und weg sind sie. Wenn man die Linse draufhält, beginnen bald einmal die Arme zu schmerzen, der Schweiss läuft ins Auge, die Mücken saugen ihr Mahl. Und Vögel fliegen nicht nur, sie ruhen auch gerne und lange. Und wenn sie dann fliegen, dann bestimmt in die entgegengesetzte Richtung. Dieser aber wollte die Gelegenheit nicht verpassen, um (fast) perfekt und prominent auf „730andmore“ im Netz zu prangen. Alle anderen Anwesenden erwischten den Abflug des Königs der Lüfte nicht. Man kann dann einfach nicht anders, als innerlich zu frohlocken...

Das Wetterbedingungen waren wunderbar, die Touristen bei guter Laune und parkten die Strassen nahe den Stränden, wie dem bekannten Sand Beach, zu. Neben den vielen amerikanischen Touristen waren nicht wenige Chinesen unterwegs. Aber, das sind gar keine Touristen, das sind Asiaten, die sehen wollen, wo sie in 10-20 Jahren leben...!

Einen Vorgeschmack der Zukunft erhielten wir bei unserem Abendessen, beim ... Chinesen in Bar Harbour. Links von uns eine asiatische Mutter mit ihren drei erwachsenen Kindern, rechts von uns ein junges Ehepaar aus dem fernen Osten. Tief über die Teller gebeugt schmatzten sie das Fleisch und geräuschvoll schlürften sie den süsslichen Hummer aus seinen Schalen. Endlich durfte auch ich wieder mal in der Oeffentlichkeit die Sau rauslassen. Aber die geschwätzige Serviertochter, die mein Trinkgeld zu tief fand und lächelnd, aber mit eiskalten Augen meine nachgereichten 5 USD krallte, liess mich erahnen, dass eine chinesische Weltherrschaft nicht nur Vorteile mit sich bringen würde.

Wie schnell liebliches Wetter in Maine umschlagen kann, erlebten wir am letzten Tag auf einer Fahrt der Küste entlang. Plötzlich wehte heftiger Wind dichte Nebelfetzen über die Strassen und Brücken. Auf geteerten Wegen fuhren wir durch wenig besiedelte Gegenden, vorbei an Häusern, vor denen sich wie überall an der Küste, die Reusen für den Hummerfang stapelten. Als wir an der Küste neben einem stattlichen Holzhaus eine Pause machten, beobachtete ich, wie ein älterer Mann in eine Wollstrickjacke gehüllt, die Post aus dem Briefkasten holte und langsam, die Briefe sortierend, ins Haus zurück schlurfte. Ich stellte mir vor, wie er diese auf den kleinen Tisch im Eingang legte, die steile Holztreppe hinaufstieg und über knarrende Dielen in sein Arbeitszimmer ging, sich ans Pult mit Sicht auf den in der Ebbe brachliegenden Sound setzte, verträumt in den Nebel starrte, die Schreibmaschine zurecht rückte und die nächsten Seiten eines neuen Romans hackte. Ja. In Maine lassen sich Schriftsteller gerne nieder, um in der Einsamkeit und der rauhen Natur ungestört schreiben zu können.

Auch John Irving wählte Maine oft als Schauplatz. Er, der wohl Tausenden das Leben gerettet hat. In einem seiner Bücher beschreibt er, was passieren kann, wenn man beim Linksabbiegen die Räder schon beim Warten einlenkt.  „Sie wurden am Heck von einem Auto gerammt, schossen über die Strasse, direkt vor einen Schneepflug. Dort wo vor Sekunden noch ihre Kinder sassen...“ Ja, das bleibt...

Gerne wären wir in der herrlichen Landschaft von Maine noch länger verweilt (und einen Bestseller geschrieben...). Aber endlich war der „Title“ (Fahrzeugausweis) bei unserem Freund in New Jersey eingetroffen. Ganze 12 (anstatt 3 Tage wie versprochen) hatte sich der Ford-Händler Zeit gelassen.

Die 500 Meilen zurück, zuerst in heftigem Gewitter und dann bei immer schöner werdendem Wetter, verliefen für einmal ohne Staus. Eine Seltenheit auf den Highways der Ostküste. Bis kurz vor der George Washington Bridge in New York. Im Schritttempo legten wir die paar  letzten Meilen auf den aufgerissenen Strassen und unter den rostigen Autobahnbrücken der Zubringer zurück. Draussen die klamme Hitze und der Lärm der amerikanischen Trucks.  Ich wischte mir eine Schweissperle von der Stirne und stellte die Lüftung auf mich. Noch wärmere Luft liess mich noch mehr schwitzen, aber auch die Erkenntnis, dass die Klimaanlage ausgestiegen war. Eine erste Schwäche unseres alten Tahoes.

Den Kompressor ersetzte Richard in einer der zahllosen schmutzigen Autoflickhütten, die die Strassen von Amerika säumen, für 550 USD plus 38 USD Taxes. Ob der Staat die 38 Bucks je sehen wird? Denn Richard, ein Asiate, den ich beim Beten in seinem Büro gestört hatte, wollte den Betrag „cash“ und setzte sich auf die Lückbank, um uns zum nächsten ATM (Geldautomaten) zu lotsen. „Make a light“ verstand ich nicht auf’s erste Mal, aber Richard folgte nur einer gewissen Logik, schliesslich sagt man ja auch nicht „make a reft“. Wie Richard aber seinen Namen bei den Behörden buchstabiert, wird mir ein Rätsel bleiben.

In East Rutherford, New Jersey, hatten wir ein Hotel gebucht. Zweimal noch fuhren wir nach Manhattan um Thomas zu treffen, einmal mit Leuten aus seiner Crew und Urs, dem Surfer aus der Schweiz, und einmal mit Richard, meinem Freund, der 2 Jahre in New Jersey gewohnt hat. Mit dem Path (Zug) ist man unglaublich schnell mitten in Manhattan, man könnte aber auch die Ferry (Fähre) nehmen, allemal schneller als mit dem Auto durch die Tunnels.

Eigentlich wollten wir schon lange Richtung Westen unterwegs sein. Massachusetts und Maine waren nicht geplant gewesen. So verglich uns Thomas mit Tom Hanks aus dem Film mit dem Typen im Flughafen von New York. „Ihr kommt hier einfach nicht weg...“ Ja, ein ganz LustigerJ

Den Title holten wir ab und fuhren ins DMV (Strassenverkehrsamt) von Lodi, NJ, um unseren Wagen zu registrieren. Da wussten wir noch nicht, wie nah Thomas der Wahrheit mit seinem Spruch kam. Nach gut einer Stunde warten, erklärte uns eine Beamtin, dass wir das Auto mit einem B2 Visa nicht registrieren könnten. Nur wer ein Jahr in New Jersey bleiben kann, dürfe registrieren.  Ich glaube schon lange nicht mehr den Auskünften einer einzelnen Person und so fuhren wir 20 Meilen südwärts in ein kleineres Office des DMV, um die selbe  Auskunft zu erhalten.

Im Internet kamen wir zu wenig mehr Informationen und glaubten, dass man mit einer „permant adress“ in New York den Wagen registrieren kann. In New York (nach 2 Stunden warten) erfüllten wir aber die 6 Punkte Regelung zur Identifikation nicht (CH-Pass mit I94 Form, bzw. B2 Visa = 3 Punkte, Bankkonto = 1 Punkt, die fehlenden zwei Punkte müssten mit einem amerikanischen Dokument erreicht werden). Langsam ahnte ich, dass wir in eine unangenehme Geschichte schlitterten.

Wir hatten noch gut eine Woche bis unsere „temporary registration“ ablaufen würde. Wir versuchten uns über die Zulassung in den Nachbarstaaten zu informieren. Ein Afro-Amerikaner in der Lobby unseres Hotels bekam mit, was uns beschäftigte und riet uns nach Mississippi zu fahren. In seiner Heimat könne jeder einen Wagen registrieren, vorausgesetzt, er verfüge über einen Title. Keine Stunde später sassen wir im Auto und fuhren Richtung Mississippi. Sicher nicht. Wir riefen vorher an. Aber auch Mississippi besteht mittlerweile auf der 6-Punkte Regelung.

Wir zogen in Betracht, nach Kalifornien zu fahren (2500 Meilen) allerdings mit der Unsicherheit, dass unser Auto nicht angenommen würde. Kalifornien besteht auf viel strengeren Abgasregeln als die anderen 49 Staaten. So werden die meisten Autos in den USA für diese Staaten gebaut, nur für den Verkauf in Kalifornien werden die Wagen angepasst. Und viele ältere Modelle sind nicht umbaufähig.

Meine Anrufe bei unserem Verkäufer und meine e-mails blieben unbeantwortet.

Alle Abklärungen ergaben stets das selbe Ergebnis. Ohne Green Card , Studenten-Visa oder Driver License aus den Staaten, keine Chance auf eine Registrierung.

Das Wochenende verbrachten wir mit Richard, der uns Ho-Ho-Kus zeigte, ein typisches Städtchen in welchem die Banker von Manhattan wohnen, in wunderschönen Gärten und von hohen Bäumen geschützt. Dies ist aber keine Ausnahme, der ganze Osten wohnt, ausser in den Städten, in Wäldern. Wir fuhren vor sein ehemaliges Haus, in dem er zwei Jahre wohnte. Die neuen Mieter waren auch schon wieder am Ausziehen, trotzdem begrüssten sie uns inmitten des Chaos freundlich und liessen auch einen Rundgang im Haus zu.

Von aussen sieht es stattlich aus. Im Innern auf den ersten Blick mit ungewöhnlicher Raumaufteilung. Bis man praktische Ueberlegungen anstellt. Die 1000 m3 beherbergen ein oder zwei viel zu grosse Badezimmer, 3 Schlafzimmer und ein riesiges und gefühltes 10 Meter hohes Wohnzimmer. Die Wände scheinen aus Pappe zu sein und im Winter zieht der Wind durch die Steckdosen ins Haus. Dafür braucht die Haustüre kein Guckloch, durch den Spalt sieht man sehr gut, wer vor der Türe steht. Als der Ex-Mieter und die baldigen Ex-Mieter sonst noch auf die Vorzüge des Hauses zu sprechen kamen, wie überlaute Heizung und gefrorenes Klo im Winter, dachte ich sehnsüchtig an unseren Travel Trailer zurück. Klein und kompakt und auch bei Minustemperaturen wohlig warm. Und seither klopfe ich nicht mal mehr an eine Strassenlaterne, man weiss nie...!
Richard flog am Sonntag mit zwei gefüllten Koffern (er war nur mit Handgepäck angereist) in die Schweiz zurück. Uns zerrann langsam die Zeit, ich wollte verhindern mit einem nicht registrierten und unversicherten Fahrzeug in New Jersey stecken zu bleiben. Tom Hanks lässt grüssen.

Da wir nicht damit rechneten, dass unser Verkäufer das Auto zurücknehmen würde, wollten wir es verkaufen. René, ein Italo-Amerikaner, Inhaber einer der zahlreichen Used-Cars Dealer, hätte uns auch ein Angebot gemacht, wenn wir denn im Besitz eines auf uns registrierten Titles gewesen wären. Tatsächlich hatte der Verkäufer nicht wie versprochen den Title auf uns umgeschrieben, sondern nur meinen Namen von Hand auf der Hinterseite als Käufer eingetragen. René meinte, dass wir ohne 6-Punkte ID auch keinen Title erhalten würden, somit sässen wir auf einem Wagen, der zwar uns gehört, den wir aber weder fahren, noch verkaufen konnten. Seine Frau jedoch meinte, dass wir den Title umschreiben lassen könnten, aber nicht registrieren. Typisch für die Auskünfte in diesem Land. In diesem Fall hatte René recht. Das DMV verweigerte die Ueberschreibung.

Am nächsten Tag standen wir nach fast 4 Wochen wieder beim Ford-Vertreter in Somerville, der uns das Auto verkauft hatte. Nicht ohne Furcht, dass wir auch noch beschuldigt würden, illegal ein Auto gekauft zu haben und noch schlimmer, illegal eines verkaufen zu wollen... Thomas wird in 5 Jahren zurück in die Schweiz gezogen sein, wir würden immer noch versuchen, unsere Unschuld zu beweisen!

Ganz so schlimm kam es nicht. Nach einigen Beratungen mit und ohne uns, machten sie uns den Vorschlag, den Wagen für USD 5900 zurück zu kaufen. Wir wollten dem Nightmare ein Ende bereiten, ein Lawsuit (Gerichtsfall) würde sich laut Online-Lawyer über ein Jahr hinziehen, und es war schon gar nicht sicher, ob nicht wir schuldig gesprochen würden. Tatsächlich machten wir den Kardinalsfehler, uns nicht vorher zu erkundigen, ob eine Registrierung möglich ist. Aber wer tut das schon, wenn er ein Jahr zuvor das selbe in einem anderen Kanton des Landes ohne Probleme machen konnte?

3600 USD hat uns das kurze Vergnügen gekostet, dafür kann der nächste Besitzer auf einen brandneuen Kompressor zählen.

So aber zementierten sich wieder einmal Vorurteile, nicht nur auf Amerika bezogen:

Autoverkäufer sind Gauner
Beamte sind schnippisch und das Gegenteil von hilfsbereit
Auf das Wort von anderen ist kein Verlass
Reisende informieren sich zu wenig

Wir mussten unseren Weg mit einem Mietauto fortsetzen. Allerdings machte das Ganze nicht nur unserem Budget zu schaffen, ebenfalls unseren Plänen, müssen wir den Wagen doch wieder nach New Jersey zurückbringen, andernfalls würden wir pro Meile einen USD Rückführungsgebühr zahlen. So haben wir beschlossen, gar keine Pläne mehr zu machen: Erstens ändern wir sie früher oder später selber und wenn nicht, das Schicksal...

So long guys

Link zu 6-Punkte Identifikation, nach unserem Wissen für fast alle Staaten gültig, ausser vielleicht Kalifornien und gemäss einem e-mail von einem Freund, im Staat Washington, dort sei es nach wie vor möglich, als Schweizer einen Wagen zu erwerben. Für Leute mit Studenten- oder Arbeitsvisa sieht die Sache im Uebrigen ganz anders aus.



 


im Acadia NP (Schooner Seite)











Cadillac Mountain



Ein Opfer?
Keine Könige, aber dafür zahlreich

Beach life


Die Küste wird aber ihre Schönheit bewahren





Noch wunderschönes Wetter







Plötzlich Nebel




Städtchen und Ansichten aus New Jersey





 1045 am Highway 17 S

Vorder- und Rückseite


 so long guys

28. Juli 2011

Boston, Cape Cod und Martha's Vineyard und Walbeobachtung vom Feinsten, Massachusetts

Humpback whale oder Buckelwal vor Provincetown, Massachusetts

Boston, Cape Cod und Martha's Vineyard, Massachusetts
18. Juli 2011 - 30. Juli 2011 

2025 überarbeitet

Nach 8 Stunden auf den Highways von Frenchtown in Pennsylvania und New Jersey, stop-and-go an New York vorbei und weiter nach Boston, erlitten wir einen kleinen Kulturschock. Als wir um 0955pm in einem rauchfreien Strassencafé im Herzen von Boston das erste Bier in Massachusetts bestellten, meinte die Kellnerin „last call“. Ja, am Sonntag, da gibt’s nach zehn weder was zu Essen noch zu Trinken.

Boston, eine katholische Universitätsstadt. Hier wird gelernt und gebetet und nicht gebechert! Aber zwei Tage nach New York, einer Stadt in der die Nacht zum Tag wird?

Die Harvard University besteht keiner, der bis spät nachts im Pub hockt. Und am MIT, der weltberühmten technischen Hochschule, soll keiner mit einem Hangover an der Zukunft forschen. Das Internet wurde zwar nicht an der MIT erfunden, wie es uns der Fahrer unseres Sight-seeing-Gefährts weismachen wollte, aber immerhin ist sie Sitz des World Wide Web Consortiums, dem Standardisierungsgremium des WWWs. Auf einer dieser Touren wird die Geschichte von Amerika lebendig. Unser Fahrer erzählte Anekdote um Anekdote, der könnte sein Geld auch als Stand-up Comedian verdienen. Und schliesslich löste eine Erhöhung der Tee-Steuer des englischen Parlements 1773 den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg aus und nicht das Verbot von Alkoholausschank nach zehn Uhr. Die Tea-Party Mitglieder unserer Zeit sind demnach Nachfolger von Aufständischen und nicht von Bewahrern alter Werte.

Wie auch immer, als Bierliebhaber finde ich mein Getränk wie eine Trüffelsau die edlen Knollen. So genehmigten wir uns sogar in Boston, in einem Pub, in einer Seitenstrasse nahe des altehrwürdigen Omni-Parker House Hotels gelegen, unseren Trank zu später Stunde. Und wie es sich für eine Universitäts-Stadt gehört, verpasste der Barkeeper uns eine Lehrstunde in Baseball. Vielleicht lag es am starken Bier, vielleicht auch am angetrunkenen Lehrer, jedenfalls begreife ich das traditionsreichste Spiel der Amerikaner noch immer nicht. Ich hebe mir dies für das nächste Leben auf.

In Boston wird aber nicht nur gelernt. Die Stadt lebt im Sommer ganz gut vom Tourismus. Horden von Besuchern trippeln auf dem vier Kilometer langen „Freedom Trail“ den geschichtsträchtigen Punkten der Stadt nach. Auf einer Hafenrundfahrt sieht man nicht nur die Skyline sondern auch die im Minutentakt startenden und landenden Maschinen des internationalen Flugplatzes von Boston. Im trüben Wasser des Hafens dümpelt auch die U.S.S. Constitution, ein 3-Master, der an mehreren Kriegen teilgenommen hat, vor Ende des 18. Jahrhunderts gebaut und nach 1990 vier Jahre lang restauriert wurde. Heute eine der Sehenswürdigkeiten der Stadt, diese Super-Fregatte.

Auch unser Hotelzimmer kann man als geschichtsträchtig einstufen. Keine Ahnung aus welcher Epoche die Einrichtung stammt, aber der Preis für diese dunkle Absteige, mit Sicht auf eine Hauswand, stammt eher aus der inflationären Zukunft. So verliessen wir Boston mit keinen Tränen in den Augen und wollten auf Cape Cod, der Ferienhalbinsel der Städter, endlich die Küste von Massachusetts kennenlernen.

Cape Cod ragt wie der Arm eines Bizeps zeigenden Bodybuilders in den Atlantik hinein. Einheimische benutzen den Eigenen gern, um Fremden die Orientierung zu erleichtern. 

Das Motel 8 in Hyannis, das wir gebucht hatten, stand dem Preis-Leistungsverhältnis des Omnis in nichts nach (170 USD/N). Dafür entschädigen die Städtchen der Halbinsel den Reisenden. Kein Haus ist höher als zwei Stockwerke. Gepflegte und verwunschene Gärtchen säumen die herzigen Holz- und Schindelhäuschen. Eisdiele an Eisdiele, Restaurants an Restaurants, Gallerien und Kirchen reihen sich den holprigen Strassen entlang. Und am Samstag zelebrieren die familienfreundlichen Amis den amerikanischen Traum oft in einer der zahlreichen Minigolfanlagen. Ich wäre nicht erstaunt gewesen, wäre ein Scheinwerfer vom Himmel gefallen... Mit der Zeit hielt ich Ausschau nach Hänsel und Gretel. Ich meine, die sind auch älter geworden und ich entdeckte einige. Trotzdem sind die Ziegel nicht aus Lebkuchen, denn hinter den Kulissen spürt man auch hier die Verunsicherung der Leute und den immer härter werdenden Alltag. Kein Wunder wenn die Saison ganze zwei Monate dauert und weniger Gäste immer weniger ausgeben. Allerdings jammert man hier immer noch auf hohem Niveau.

An der Spitze der Halbinsel liegt Provincetown, das Key West des Nordens. Hier fühlen sich Dragqueens, Homosexuelle und Nachtschwärmer wohl. Leider konnten wir das Nachtleben und die herzlichen Bewohner nicht geniessen. Unser Motel Coachman Inn in Harwichport lag 35 Meilen südlich.

Aber dafür eine Whale-Watching Tour. Zu Beginn machten die Ausflügler noch Scherze: „Gestern waren sie noch hier, das erzählen sie aber jeden Tag“ und so weiter. Tatsächlich gerieten wir aber in einen Schwarm von Humpbacks (18 m), Minkes (9 m) und Finbacks (27 m). Rund um das Boot brodelte das Wasser, die Besucher waren hingerissen und die Fotografen im Dauerstress. Eine Ausfahrt, die, ganz unamerikanisch, alle Erwartungen und Versprechungen übertraf,und, glaubt man den Betreibern, immer übertrifft!

Martha’s Vineyard ist international bekannt. Eine Insel, die 5 Meilen von Cape Cod entfernt liegt und die Prominenten von Amerika empfängt (Kennedys, später Obama Family, Spike Lee etc.). Gesäumt von kilometerlangen Sandstränden, putzigen Städtchen, Leuchttürmen, zerklüfteten Küsten und vor der Insel segelnden Yachten erinnert sie den Besucher einmal mehr an den nicht fallenden Scheinwerfer. Ob sich die 183 Bucks für die Fähre aber wirklich lohnen? Cape Cod ist genauso schön und sehenswert.

Morgen brechen wir nach Maine auf, genauer nach Bar Harbor. Nur um ein paar Tage später wieder nach New Jersey zu fahren, um unseren Wagen zu registrieren. Unser Oldie läuft und läuft, im Gegensatz zur Kommunikation mit unserem Verkäufer. Auf e-mails und voice-mails antwortet er gar nicht und wenn man ihn per Zufall direkt am Telefon erwischt, muss er zuerst abklären und zurückrufen. Ein Nicht-Rückruf ist so sicher wie das Amen in einer der Kirchen hier. Den „Title“ (Fahrzeugausweis) haben wir noch immer nicht erhalten. Vielleicht müsste ich an einem Gottesdienst meiner Lieblingskirche, der "Roman Catholic Church, Chappel of our Lady of the Highway", teilnehmen. Trotzdem wird mich dieser lausige Autoverkäufer nicht zum Gläubigen machen...

Boston, Massachusetts
20. Juli 2011

Walk for justice? Hell und dunkel, das Gute und das Böse geben sich in den USA die Hände.

Meistens das Klügste in einer neuen Stadt: Eine Sightseeing Tour. Ich bin auf dem Bild gut zu sehen. Ueber dem "GOOD", wie könnte es anders sein?😏 Ob uns Boston gefallen würde? Ich weiss nicht so recht.

Aus dem Bus winkten wir wie verrückt. Aber keiner nahm uns zur Kenntnis. Na ja, schauen wir mal, ob Boston uns gefällt. Auf eine Tea Party können wir allerdings verzichten.

Die Leonard P. Zakim Bunker Hill Memorial Bridge. Konstruiert von einem Schweizer. Es ist kein gutes Zeichen, wenn ich in einer Stadt "Schwarz-Weiss" bevorzuge. Dies führt selten zu einem Wiedersehen.

Ein schönes Segelschiff. Die USS Constitution. 1797 vom Stapel gelaufen. 

Die Stadtrundfahrt hat uns nicht begeistert. Aber eine Rückkehr in unser altehrwürdiges Hotel Omni Parker liess uns auch nicht frohlocken.

Wer unter 80 Jahren will in dieser Lobby Platz nehmen?

Also sagte ich zu Sabina. Lass mich die Haare schneiden (also nicht ich mir selber...). Und nein, ich hatte nachher keine Läuse...😜

Der Coiffeur war sichtlich überrascht, ja schon fast verwirrt, dass ein "Walk-In" und erst noch Ausländer seinen Laden betreten hat. Ich glaube nicht, dass es sein angestammter Beruf war. Und vielleicht werden in diesem Laden nicht nur Haare gewaschen. 

Vielleicht tun wir der Stadt Unrecht. Aber uns gefiel sie nicht.

Die Stadt hat sicher auch ihre schönen Seiten. Trotzdem: Wir waren froh, als wir nach Cape Cod fuhren. 13 Jahre später muss ich den Bürgern von Massachusetts ein Kompliment machen: 36 % stimmten für Trump, was zwar immer noch 36 % zu viel sind, aber immerhin.

Cape Cod, Massachusetts
21. Juli 2011 - 28. Juli 2011

Uns gefiel das Motel Super 8 in West Yarmouth Hyannis, Cape Cod, MA, etwas besser als das teure Hotel in Boston. Die schlechten Bewertungen hat das Hotel nicht überlebt. Im 2025 jedenfalls ist es dauerhaft geschlossen. Es wurde durch ein Relax Inn abgelöst.

Aber Cape Cod hat nicht nur Plastikstühle. Cape Cod hat viele pittoreske Häuschen, bei deren Anblick Geschichten von Märchen in Erinnerung gerufen werden! 

Cape Cod gilt als die Wochenend-Halbinsel der reichen Bostoner und Konsorten. Wie ein gebeugter Arm ragt sie in den Atlantik hinein. Provincetown am Ende wird auch das nördliche Key West genannt. Von Boston bis Provincetown sind es 115 Meilen. Wer den Roman von Richard Russo "That Old Cape Magic" (in Deutsch "Diese alte Sehnsucht") liest, bekommt ein gutes Verständnis zur Geschichte dieser Halbinsel.

Sabina hat den "Spirit" von Cape Cod in West Dennis mit diesem Bild wunderbar eingefangen. "Shiver me timbers" ist ein alter Ausdruck von Seemännern bei Sturm und drückt die Angst und den Schock aus, wenn sich die Planken biegen. Dieser Shop existiert auch im 2025 noch. Der Künstler verarbeitet Schiffsplanken zu wunderschönen Werken.

Unser zweites Motel, das "Coachman Motor Inn" in Harwich Port existierte im 2024 noch. Was wir doch als kleines Wunder ansehen, da es schon 2011 mehr als in die Jahre gekommen war. Ob es im 2025 noch offen ist, konnte ich nicht eruieren. Ein Tipp unter Freunden: "Fahre weiter."

Ein Blick ins heimelige Zimmer. Barfuss gehen würden wir nicht empfehlen.💩 Trotzdem blieben wir ein paar Tage.

Hübsch, adrett, gepflegt und exemplarisch für Cape Cod. In West Dennis gelegen.

Eines der meistfotografierten Häuser in den USA: Das "Hydrangea Walk" genannte Anliegen in Chatham, 1937 von Theodore Sears erbaut. Die Hortensien begeistern die Besucher jedes Jahr neu. Wer darin gewohnt hat, konnte ich nicht herausfinden. Aber dass das Anwesen 1996 für USD 1.25 Mio. verkauft wurde. Ein Schnäppchen, nicht?

Kajak paddeln ist im Nordosten der USA ein Volkssport. Und erst noch sehr gesund. Hier 3 Kanuten auf dem "Swan Pond River" von der Lower County Road in Dennis aus gesehen.

Ja, es gibt Menschen, die können sich einen sehr gehobenen Lebensstil leisten.

Dazu gehört standesgemäss auch ein Boot, wie hier im Hafen von Harwichport. Fischen und Segeln ist gross angesagt. Dafür sieht man eher weniger Motor-Luxusyachten.

Ein nicht ganz billiges Hobby. Hochsee-Segeln.

Selbstverständlich gehört gediegen essen zum Lifestyle!

Wer sich dies nicht leisten kann, kann sich an den schönen Bildern der Natur erfreuen. Wie hier am "Cahoon Pond" in Harwich.

Oder man legt sich an einen Strand, wie hier an den "Eastham Beach, Eastham".

Es gibt zwar nicht so viele Windmühlen wie in Holland, aber doch enige, wie hier die "Jonathan Yong Mill", South Orleans, Cape Cod, MA. Manchmal bekommt sogar eine Führung der Betreiber.

So schön das Land, so nett die Leute. Aber die Bigotterie von vielen Amerikanern nervt mich gewaltig. Nur schon wie viele Morde und Gewalttaten an einem Vormittag über die Mattscheibe flimmern, da regt sich niemand auf. Ein Busenblitzer aber, der bringt die halbe USA in Aufruhr. Oder Leute, die den Penis eines Hundes abdecken! Wie krank ist das denn? Die sollten allesamt zum Psychiater. Ja, das nervt mich gewaltig!

Provincetown, Cape Cad, Whale-Watching
22. Juli 2011

Mit der Dolphin VIII würden wir ein paar Wale sehen.

Als wir die ersten Walflossen sichteten, war ich schon halbwegs zufrieden. Was aber dann folgte, war einer unserer Höhepunkte in Sachen Tiere auf der Reise.

Auch anhand der Schwanzenden können Walforscher die einzelnen Tier unterscheiden.

Dann zeigten sie einige Sprünge. Einerseits werden sie dadurch Parasiten los, andererseits ist es auch ein Beeindrucken beim Paarungsverhalten und möglicherweise auch einfach aus Freude am Leben.

Uns haben sie schwer beeindruckt.

Die Grossaufnahme zeigt das fast geschlossene Maul eines Buckelwales (Humpback Whale). Sie werden bis zu 16 Meter lang, bis zu 30 Tonnen schwer und können fast 100 Jahre alt werden.

Sie kreuzten auf und ab.

Sie füllen den unteren und grösseren Teil des Mauls mit Wasser und schliessen dann das Maul, pressen das Wasser hinaus und verschlingen kleine Schwarmfische, Plankton und vor allem Krill (kleine Krebstiere). 

Ein Riesenspektakel. Das sieht man sehr selten so nahe. Uebrigens: In den Sommermonaten nehmen sie Nahrung auf und leben in den Wintermonaten von ihren Fettreserven. 

Unsere Erwartungshaltung für diese Ausfahrt war relativ tief. Und wurde gewaltig übertroffen. Wer hat denn schon einmal einem Buckelwal in den Rachen geschaut und fast seine Barten streicheln können? We were the lucky ones!

Lange dauerte das Spektakel nicht. Dann zogen sie schon wieder weiter. 

Mit einem schönen Sonnenuntergang ging dieser unvergessliche Tag zu Ende.

Erst spät liefen wir in den Hafen von Provincetown ein. Man beachte die unzähligen Kormorane.

Da wir einen langen Heimweg hatten, sahen wir nur kurz die Drag Queens in ihrem Element. Auch dafür ist Provincetown bekannt.

Martha's Vineyard, Massachusetts
28. Juli 2011

Der "Gay Head Lighthouse" ein 400 Tonnen Monster am Ende von Martha's Vineyard, der Insel für die Elite der Amerikaner. Präsidenten wie Kennedy und Obama genossen die schöne Insel, wie auch sehr prominente Stars. 1799 aus Holz gebaut, wurde der Leuchtturm 1844 mit Ziegelstein ersetzt. 2015 musste er wegen der Erosion der Aquinnah Clay Cliffs fast 50 Meter versetzt werden. Gay hat nichts mit schwul zu tun. Das bedeutete früher lebhaft oder farbig.

Viele Möglichkeiten um auf die Insel "Martha's Vineyard" überzusetzen, gibt es nicht. Wir nahmen die Autofähre von "Woods Hole" aus. Wir zahlten 183 USD, hin und zurück. 45 Minuten dauerte die Fahrt.

Unterwegs begegnete uns 52824 wieder. 

Wahrscheinlich ein Schulungsschiff der U.S. Coast Guard. Aber schön anzusehen.

Joseph Sylvia State Beach. Auf Martha's Vineyard bleibt man unter sich. Wir fuhren auf der Insel hin und her. Natürlich kann man an einen Strand. Oder den Leuchtturm bewundern. Oder in den kleinen Städtchen shoppen gehen. Oder wie wir: Kurz ansehen und zurück nach Cape Cod. Denn auf eine der vielen Partys, die hier scheinbar stattfinden sollen, wird auch ein gut aussehendes Touristenpaar wohl kaum eingeladen.😏 

Schon bald befanden wir uns wieder im Bauch einer der Fähren. Und weiter wird es gehen. Nach Maine.

All die Reusen zeugen vom immensen Reichtum an Fisch und Hummer. Auch ich habe einen guten Fang gemacht. Allerdings schon gute 15 Jahre zuvor😏😇💕.
2025 habe ich das Buch "Die Hummerfrauen" von Beatrix Gerstberger gelesen. Es handelt vom Leben und Sterben an der Küste von Neuengland. Ziemlich gut!

so long guys