Irgendwann müsste sich unser Bild vom staubigen Texas doch bewahrheiten. Aber je näher wir Austin kamen, desto grüner wurde die Umgebung. Da die Highways der Hauptstadt von Texas verstopft waren, fuhren wir über Nebenstrassen ins Zentrum. Fast beängstigend, wie das subtropische Klima die Bäume wachsen lässt. Nirgends eine Erhebung, um das flache Land zu überblicken. Auch die Seen in der Umgebung sind vom dichten Laubwerk eingeschlossen.
Durch Austin fliesst der Colorado River, an dessen Flussufer sich die städtische Bevölkerung austoben kann. Die grösste urbane Kolonie der Welt von 1.5 Mio Fledermäusen, die bei Einbruch der Dunkelheit über die Congress Bridge fliegen soll, haben wir leider nicht gesehen.
Austin wird auch Hauptstadt der Livemusik genannt. Die viel gelobten 4th und 6th Streets mit ihren Clubs, Bars und Restaurants erlebten wir aber als düster und farblos.
San Antonio, die zweit grösste Stadt von Texas, gefiel uns viel besser. Eine eher bescheidene Skyline, immer noch sehr grün, aber nicht mehr erdrückend wie Austins Wildwuchs. „The Tower Life Building“, ein Wolkenkratzer, 1929 gebaut und 120 Meter hoch, ist wie das First National Center in Oklahoma City, ein Prunkstück. Cantu, der mexikanische Concierge, der seit 37 Jahren im Tower arbeitet, liess uns zwar nicht in die Höhe, erzählte aber aus der lebhaften Geschichte des Hauses und versorgte uns mit einer Broschüre und Tipps der Sehenswürdigkeiten San Antonios. Die historische Altstadt besticht durch dem umgeleiteten San Antonio River, der an beiden Ufern von unzähligen Bars und Restaurants gesäumt wird.
Vom „Tower of the Americas“ genossen wir aus 230 Metern Höhe auf dem Observation Desk einen herrlichen Ausblick über die Stadt, erst noch in völliger Einsamkeit, kein Mensch, nur Kakerlaken machten uns die Aussicht streitig.
Texas ist stolz auf seine Geschichte. „The Lone Star-State“ ist neben Vermont der einzige Bundesstaat, der vor dem Beitritt zur USA eine unabhängige Republik war. Noch heute denken die Texaner, dass sie den damals unterschriebenen Vertrag kündigen könnten, wenn es denn sein müsste. Das omnipräsente „Don’t mess with Texas“ ist der Schlachtruf dieses Volkes. Die Bevölkerung stammt aus allen Teilen der Welt, die Deutschen sind mit über 11 % vertreten.
In San Antonio lebt die Geschichte im weltberühmten „The Alamo“ weiter. Von Missionaren 1724 gegründet, hiess Alamo einst Misión San Antonio de Valero. Texas war lange ein umkämpftes Pflaster. Spanier, Mexikaner, Apachen, Comanchen, sogar die Franzosen und die weissen Siedler stritten sich um die Herrschaft. Anfang des 19. Jahrhunderts gehörte Texas kurze Zeit zu Mexiko. Im Oktober 1835 begann der texanische Unabhängigkeitskrieg. Die „amerikanischen“ Siedler besetzten Alamo und verteidigten es zu Beginn des nächsten Jahres in einer heroischen Schlacht gegen die übermächtige, mexikanische Armee. Ein Ueberraschungsangriff im Morgengrauen des 6. März’ besiegelte aber ihr Schicksal. Fast alle Männer der Mission wurden getötet, 187 namentlich bekannt. Alamo dient seither als Beispiel für den Mut der Amerikaner, die Freiheit zu verteidigen. Einige Wochen später wurden die Mexikaner bei San Jacinto mit dem Ruf „Remember the Alamo“ und einer Uebermacht vernichtend geschlagen.
2.5 Millionen Besucher im Jahr bestaunen in der kleinen Mission diese Heldentaten. In einer Kirche, in der ich die Mütze abnehmen musste und in der man kein Wort sprechen sollte, werden die Kanonen, Gewehre, Schwerter, Säbel, Speere und Uniformen dieser Krieger aus- und die Schlacht hinter Glas nachgestellt. Vielleicht soll die Stille keine Gedanken an die donnernden Kanonen, dem Knallen der Revolver und die Schreie des Leidens und der Panik aufkommen lassen. Keiner kann uns heute sagen, ob den Kriegern in heroischem Kampf in die Brust geschossen wurde oder ob sie vielleicht doch an einem Schuss in den Rücken starben. Die Geschichte schreibt immer der Sieger.
Texas ist ein reiches Land. Und die Gewinner der heutigen Gesellschaft rasen mit ihren Cayennes, protzigen Chevrolets und smarten Sportwagen durch die Strassen und über die Highways der Städte. Unser Garmin führte uns in San Antonio aber auch durch das Land der Verlierer. Ein Gebiet, in der die streunenden Hunde mit hängenden Zungen schnüffelnd auf der Suche nach einem Festmahl sind. Eine Gegend, in der weder die Tafeln der Konsumtempel noch eine Strassenbeleuchtung existieren, sondern selbstgebastelte Schilder auf denen die Buchstaben wie in Erpresserbriefen aneinander gereiht und Waren und Dienstleistungen aller Art angeboten werden. In Strassen, die armselige Hütten säumen und schreiende Kinder ihrem hilflosen Elternteil den letzten Nerv rauben. Auf den Spielplätzen kämpfen Jugendliche in der Dämmerung um einen Basketball, wohl auch um ihre Ehre und später im Leben um ihre Existenz. In diesen Teilen der Welt, mit ihren herumlungernden Gestalten in dreckigen Kleidern und lauernden Blicken, lassen Fehlgeleitete die Türen geschlossen und überfahren die Rotlichter der wenigen Ampeln.
Diesem Alptraum entronnen, tranken wir unser Friday-Night Beer und stiessen auf unsere neue Route an. Die führt uns nach Del Rio am Rio Grande und weiter in den Big Bend National Park.
Erfreuen können wir uns an den Dallas Cowboys, die letzten Sonntag das Derby gegen Houston in einem sackstarken Spiel gewonnen haben. Aber auch an unserem täglichen Frisbee Spiel, das ein älterer Amerikaner mit den Worten kommentierte: „You must enjoy this game, we enjoyed it back in the 70ies too, but we were smoking grass...“
Freude machen auch die Squirrels und die in Texas allgegenwärtigen, amselartigen Vögel. Die müssen in einem früheren Leben Automechaniker gewesen sein. Sobald irgendwo ein Auto abgestellt wird, trippeln sie unter den Wagen und inspizieren gründlich und mit vifen Augen den Unterboden. An dieser Stelle wird mein Freund Iggy sagen: „Das ist ja genau der Beweis, dass sie es NICHT gewesen sind...“
Skyline von Austin
auf dem Land
hundefreundliche Texaner!
am Ufer des Town Lake's
Skyline by Night
Am Lake Travis nahe Austin, ein typisches Bild für Texas
sind wir etwas gelangweilt?
the Tower of the Americas
San Antonios Downtown aus 750 Fuss Höhe (sollte es nicht aus 750 Füsse Höhe heissen?)
Das Hyatt prägt das Stadtbild mit
Strassenecke zu Beginn des Armenviertels, nachher liessen wir das Fotografieren sein
angehimmelt
5 Kommentare:
vous deux... très sympa! das eichhörnchen wahnsinnig fit und die rabenvögel wie immer zu interessiert um es nicht gewesen zu sein oder so... river walk sieht so richtig anmächelig aus und die restlichen bilder wie immer top und der bericht dazu erste sahne! liebe herbstgrüsse - andrea
Danke Andrea, hast mir schon gefehlt beim letzten... und hast Recht, das sind ja Raben und nicht Amseln:-) danke für die Herbstgrüsse, selber bei 30 Grad in San Antonio... liebe Grüsse Gerold
hola gerold :-) gut, dass du nicht gleich einen suchtrupp losgeschickt hast. ich lebe noch... aber sag mal, wo sind all die anderen schreiberlinge geblieben...? so dick ist der morgennebel hier nun ja doch noch nicht, als dass man sich auf dem weg zum blog verirren könnte. lg - andrea
ja, das frag ich mich auch:-) aber man mag wohl nicht immer schreiben, darum habe ich jetzt auch 3 Kästchen zum Ankreuzen gemacht:-)!
take care Gerold
Wunderschöne Fotos!
Ich war vor ein paar Wochen auch in Texas unterwegs, allerdings ist meine Kamera während der Zeit kaputt gegangen, weshalb ich hauptsächlich nur noch komische, lila angehauchte Fotos habe.
Finds gut, dass ich hier ein paar Erinnerungen wieder aufleben kann. :)
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