Vom Friedhof in Henrieville Richtung Niemandsland
Moab und seine unglaubliche Umgebung ist noch in unseren Köpfen. Wenn man Moab verlässt, steht am Ende des Dorfes: Don’t cry because it’s over, smile because it happened!
Wir kehrten nach Torrey, dem Ausgangspunkt für den Capitol Reef National Park, zurück. Der Campground bietet dem Besucher eine herrliche Wiese, auf der wir stundenlang Frisbee spielten. Sabina ist mittlerweile ein Frisbee-Pro und ich (wegen der Höhe von über 2000 Metern) lief zur Topform auf. Ein Energieanfall liess mich über die Wiese sprinten, da staunte nicht nur Sabina: "Wow, so schnell hab ich Dich noch nie gesehen, Du gehörst sonst doch eher zu den Behäbigen!" Ach ja, so seh' ich mich gar nicht...! Aber sogar Amerikaner unterbrachen gemäss Sabina ihr Footballgame und staunten über einen weissen Sprintstar! Ich war wirklich extrem schnell!
Nach einem kurzen Hike im Capitol Reef verliessen wir Torrey zum zweiten Mal und wohl für immer und fuhren auf dem Scenic Byway 12 nach Cannonville, nahe dem Bryce Canyon.
Die Strasse führt durch das Grand Staircase Escalante National Monument, den Escalante Petrified Forrest, Richtung Kodachrome Basin (der Name kommt von einem Kodak-Filmdreh), Bryce und Red Canyon. Auch in dieser Gegend gibt es unzählige Hikes und unbekannte Canyons.
Im Campground von Cannonville, einem 148 Seelenkaff, 1750 Meter hoch gelegen und ohne Natelverbindung, frönten wir unserem neuen Hobby, dem Frisbee-Spielen. In fortgeschrittenem Alter auf Geröll hin und her spurten ist nicht sehr weise. Ich büsste dies mit zwei Tagen Fussschmerzen. Trotzdem besuchten wir Ruby’s INNs Rodeo. Wer eine Riesenshow erwartet, wird enttäuscht. Das war angenehm bescheiden, dafür die Leistung top. Die Kollegen der Reiter gingen mehr mit als das Publikum!
Ruby’s Inn herrscht über den Eingang zum Bryce Canyon. Zwar erhielten wir das Gefühl von einem Retortenort, aber es wurde vor bald 100 Jahren von Reuben, einem Entdecker des Bryce’, gegründet. Heute besteht der Ort aus mehreren Motels, Einkaufsstrassen, einer Rodeo-Arena, Gasstations, Waschanlagen und Souveniergeschäften! Und wird immer noch von der Familie des Gründers beherrscht. Ihr Beliebtheitsgrad in der Umgebung gleicht allerdings den frostigen Temperaturen, die über 200 Tage im Canyon herrschen.
Am Freitag war ich wieder fit. Wir fuhren in den Bryce Canyon hinauf! Der Eingang des Canyons liegt auf über 2000 Metern Höhe. An der Kante des Canyons geht es 16 Meilen an mehreren Aussichtspunkten vorbei, bis man am Rainbow Point steht, auf 2750 Metern Höhe um eine grandiose Aussicht zu geniessen.
Den direkten Zugang von der Strasse zu den Aussichtspunkten im Bryce schätzen die Besucher am meisten. Ein wahres Paradies für gehfaule Touristen! Die Stars der Szenerie sind die vielen Hoodoos, die dem Wasser trotzen konnten und wie erigierte - genau - in den Himmel starren.
Es wird einem nie zu wohl. Am nächsten Morgen konnte ich mit meinem linken Fuss nicht auftreten. So blieb es vorerst bei der Vorfreude auf Hikes und Jeep-Ausfahrten.
Da der Fuss geschwollen blieb, ging ich zum Arzt. Arztbesuche sind immer etwas speziell. Als ich vor über einem Jahr mit Kniebeschwerden bei Dr. Oberholzer in der Pyramide am See zur Röntgenbesprechung antrabte, empfing er mich mit den Worten: „Na, das hat sich ja gelohnt!“ „Gelohnt?“ „Ja, sauberer Kreuzbandriss!“ Gelohnt? Sauber? Glücklich zeigte er mir die seiner Ansicht nach hervorragenden Bilder. „Gelohnt“ verstehe ich heute noch nicht ganz, aber sauber. Damit meinte der Herr Doktor zwei schwer erkennbare, faserartige Gebilde. Aber eben, ganz durch!
Dies war wenigstens eine klare Diagnose. Bei meinem ersten Besuch war er sich gar nicht sicher. Gross konnte ich ihm auch nicht weiterhelfen, beantwortete ich doch seine Frage, ob ich schmerzempfindlich sei, mit: „Meine Frau meint ja. Ich nein!“
Immerhin, nach einer 2. OP und etwas mehr als den 6 „versprochenen“ Monaten ist das Knie soweit wieder okay. Aber heute wäre ich vorsichtiger, wenn mir einer mit „Routineoperation“ kommt. Operationen sind heikel und vielfach heisst es „nach der Operation ist vor der Operation“!
Nun, Cannonville Dr. Millers Diagnose war eindeutig: „Your foot is swollen!“ Bemerkenswert, dass ein Arztbesuch sprachlich nicht sehr anspruchsvoll ist. In Deutsch ja ebensowenig. Die Diagnose, die einer stellt, ist erst einmal simpel. Aber ich kann das begreifen.Wenn er mit dir in die Details gehen würde, hättest du das nötige Wissen nicht, und wenn du es hättest, so wüssten beide, dass er einfach eine Möglichkeit aus 150 verschiedenen aus der Trommel gezogen hat...
Immerhin ist kein Knochen gebrochen. Er verschrieb mir starke Tabletten. Nach über einer Woche Geschwulst im Fuss wird man ein bisschen nachdenklich. Und so starrte mich die Warnung auf der Packung der Tabletten förmlich an. Die Chance für Herzrhythmusstörungen, einen Herzinfarkt oder einen Gehirnschlag sei bei Einnahme dieser Drogen deutlich erhöht. Und wenn du weiter liest, bist du froh, wenn du mit vernachlässigbaren Magenblutungen aus der Geschichte rauskommst!
Und wenn man schon mal auf dem Trip ist, muss man natürlich auch im Internet um Rat suchen. Das dauert allerdings nicht allzu lange. Denn nach ein paar Seiten wird dir klar, dass du nur aus purem Glück noch am Leben bist und deine Zukunft die Fröhlichkeit eines zum Tode Verurteilten ausstrahlt!
Dann kommt die Nacht. Mit schmerzendem Fuss liegst du da und die Gedanken beginnen zu kreisen und schon bald sind sie beim allerletzten Blogeintrag. Soll ich schwarz und in grossen Buchstaben „in dedication to“ mit einem Bild, auf dem ich mir besonders gefalle, aufschalten? Oder etwas schlichter, ein Bild, geschossen auf einer Wanderung in Flagstaff, auf dem ich auf das „END OF TRAIL“-Täfelchen zeige? Schlicht und einfach, passt doch zu mir.
Soll ich mich bedanken? Da käme Sabina natürlich an oberster Stelle, gefolgt von denen mit den meisten Blog-Kommentaren... oder soll ich schonungslos Abrechnen? Das hätte schon seinen Reiz. Spontan fällt mir der alterslose Bartträger ein, ein Mitarbeiter des Campgrounds, der Freude an Sabina gefunden hat und wann immer möglich mit seinem Golfwägelchen auf einen Schwatz vorbeikommt und Sabina zum Wandern eingeladen hat, schamlos meine momentane Schwäche ausnützend…!
Wichtig wäre mir eine coole Grabinschrift. Soll ich eine klauen? Bei Sinatra zum Beispiel „The best is yet to come“? Oder „I' ll be not back right after this...“? oder eine eigene „Eigentlich wäre ich jetzt gerne wieder Personalberater“? Oder gar einen Trinkspruch? Würde ja auch gut zu mir passen; „Wo früher meine Leber war, ist heute eine Minibar!“ mit dem Zusatz, „die habe ich auch noch geleert...“... Bis mir einfällt, dass ich als Agnostiker und Kirchenaustreter gar keinen Grabstein zu Gute habe.
Weiter geht die fröhliche Runde in diesem kleinen Mehrzweckzimmer, in dem sich Sabina rittlings schon mal den Kopf am Einbauschränkchen stösst, das mir im Moment aber eher wie meine endgültige Gruft vorkommt. Es hämmert und pulsiert im Fusse. Aber irgendwann muss ich eingeschlafen sein und am Morgen trotz allem erwacht. Zwar immer noch mit schmerzendem Fuss, aber einen kleinen Hoffnungsschimmer am Horizont meine ich auszumachen....
Vor allem da ich die unverwechselbare Stimme unseres Nachbarn höre, Bob, ein pensionierter Trucker aus LA, der mit seiner Frau Mona und zwei Hunden wieder mal on the road ist. Der hat schon viel Schlimmeres hinter sich. Neben 2 Herzinfarkten mit 4 Bypässen, zwei künstlichen Knies „hey, cut the bone here and here, the rest is not mine“ und uns ins Herz geschlossen hat.
Wir verdanken seine Zuneigung dem Schenken zweier CDs. Cowboy-Songs. Mittlerweile stehe ich ja auf Country, aber Cowboy-Songs? Im Vergleich zählt Anneliese Rothenberger zu den Hardrock-Gören! Und dieser grosse, schwere Kerl mit seiner rüden Sprache liebt diese Songs innig. Er erzählt auch gerne aus seinem Leben, unterstützt von seiner Frau Mona. Als er aber stolz davon sprach, dass er als Trucker in LA in all den Jahren jede Nacht zu Hause verbracht habe, gab's keinen Kommentar von ihr!
Zum Abschied schenkten sie uns 220 Mio Jahre alte Sandstein-Glas-Untersätze. Echte Schnüggel, die zwei. Sabina wurde von beiden mächtig geherzt, ich musste bettlägrig leider passen...
Meine erzwungene Untätigkeit hat so seine Schattenseiten. So wird Sabinas Bewegungsdrang arg gebremst. Daher schleppe ich mich fast jeden Morgen an den Swimmingpool, um meinem Hämsterchen ein bis zwei Stunden ins "Laufrad" zu verhelfen.
Ebenfalls wird der Wohnwagen von innen gründlich gesäubert. Sollte ich noch länger ruhen müssen, befürchte ich eine grosse Zerlegung unseres Wagenparks. Mal sehen wie das weitergeht! Wir haben heute verlängert und damit den Langzeitrekord gebrochen, mehr als 2 Wochen war noch niemand auf diesem Campground!
Utah's Scenic Byway 12, wohl eine der schönsten Strassen der Welt
Blick auf die Felsformationen des Grand Staircase Escalante National Monuments auf dem Scenic Byway 12
das Kodachrome Basin, ganz in der Nähe vom Bryce Canyon
der Red Canyon ist der kleine Bruder des Bryce Canyons
der Red Canyon mit einem seiner berühmtesten Motive
ein Profi mit stupender Technik und Teilnehmer des Rodeos von Bryce Canyon City
der hält sich ziemlich lange oben (8 Sekunden ist das Ziel, die meisten erreichen dies nicht)
auch die Jüngsten geben alles!
a seat with a view! Rainbow Point, 2778 m.ü.M., höchster Punkt des Bryce Canyons
Hoodoos werden die Felssäulen genannt
für meinen Gechmack etwas zu nah... der "nude Halrey Driver" (kein Witz) suchte als Campmitarbeiter vom KOA Cannonville dauernd die Nähe von Sabina
Mona und Bob. Have a safe trip home!